Die Geschichte der Verhütung: Von Zauberformeln bis zur Pille

von Sarah Embacher
Lesezeit: 3 min
Schon aus der Antike sind Methoden zur Verhinderung ungewollter Schwangerschaften überliefert. Seit dem 20. Jahrhundert nutzen immer mehr Menschen moderne Verhütungsmittel wie das Latex-Kondom oder die Kupferspirale.

Antike: Kräftig niesen und Coitus interruptus

Weil medizinisches Wissen fehlte, kursierten in der Antike höchst merkwürdige Ratschläge zur Empfängnisverhütung. Der griechische Arzt Soranus von Ephesus etwa schrieb 100 nach Christus, die Frau solle sich nach dem Sex hinhocken und kräftig niesen. Anderen Quellen zufolge sollten Amulette oder Zauberformeln gegen eine ungewollte Schwangerschaft helfen. Was uns heute als absurd-komisch erscheint, war damals der verzweifelte Versuch, die Fruchtbarkeit zu kontrollieren. Es waren allerdings auch effektivere Methoden bekannt, zum Beispiel der Coitus interruptus – also das „Herausziehen“ – oder Schwämmchen, die vor dem Geschlechtsverkehr in die Scheide eingeführt wurden. Die Schwämmchen waren mit pflanzlichen Substanzen wie Granatapfelsaft, Essig oder Honig getränkt. So veränderte sich der pH-Wert in der Gebärmutter, was die Aufnahme von Spermien hemmte. Außerdem nutzten Frauen bereits Pessare, auch Diaphragmen genannt, die als physische Barriere in die Scheide eingelegt werden.

Mittelalter: Maultierhaut über dem Bett 

Auch aus mittelalterlichen Schriften ist eine Vielzahl an Verhütungsmitteln überliefert. „Es gibt keine Substanz und kein Material auf der Welt, das die Menschen nicht ausprobiert hätten”. So formuliert es der Gynäkologe Christian Fiala, Gründer des Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch in Wien. Neben Kräutermixturen, Coitus interruptus und Pessaren wurden auch magische Methoden angewendet. So sollte die Haut eines Maultiers über dem Bett die Schwangerschaft verhindern.

Frühes 20. Jahrhundert: das Bidet 

Noch vor 100 Jahren kannte sich kaum jemand mit dem Thema Verhütung gut aus. Öffentliche Werbung für Verhütungsmittel war verboten und viele Ärzte sahen Aufklärung zu diesem Thema als unmoralisch an. Als einigermaßen wirksame Methode gegen ungewollte Schwangerschaften wurden Scheidenspülungen populär. Dazu gab es verschiede Apparate, zum Beispiel eine Brause, mit der man nach dem Sex eine Spülflüssigkeit über einen Schlauch in die Scheide pumpen konnte. Außerdem wurden Bidets mit einem Wasserstrahl zur Scheidenspülung hergestellt. Heute weiß kaum noch jemand, dass dieses Möbelstück im Badezimmer einst auch diesen Zweck erfüllte. 

Seit 1901: Kondome aus Latex

Kondome aus Schafs- oder Schweinedärmen waren im späten Mittelalter noch ein Privileg des Adels. Dann gelang dem Amerikaner Charles Goodyear 1839 die Herstellung von Gummi aus dem Naturmaterial Kautschuk. Einige Jahre später entwickelte er das erste Gummi-Kondom. Julius Fromm fertigte im Jahr 1901 zum ersten Mal die viel dünneren Latex-Kondome, die seit 1914 in Serie produziert werden. Im Ersten Weltkrieg wurden Kondome an Soldaten verteilt, um die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten zu verhindern. Heute verhüten 38 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen mit Kondom.

60er und 70er: der Siegeszug der Pille

Der in Innsbruck forschende Mediziner Ludwig Haberlandt untersuchte bereits Anfang der 1920er-Jahre die hormonelle Verhütung. Nachdem ihm von Kollegen Verbrechen gegen ungeborenes Leben vorgeworfen wurden und er auch in der öffentlichen Berichterstattung angefeindet wurde, geriet seine Forschung in Vergessenheit. Die US-amerikanische Krankenschwester und Aktivistin Margaret Sanger war es schließlich, die mit der Gründung der „American Birth Control League“ die Entwicklung der weltweit ersten wirksamen Verhütungspille anstieß. In Österreich wurde die Pille 1961 zugelassen, jedoch wurde sie anfangs zur Behandlung von Menstruationsstörungen eingeführt und wurde nur verheirateten Frauen verschrieben. Im Laufe der 70er-Jahre wurde die Pille immer populärer, heute verhüten in Österreich 34 Prozent der Frauen mit der Pille. 

Die Zukunft: Pille für den Mann?

Für Frauen gibt es heute eine große Auswahl an Verhütungsmethoden: Neben der Pille sind das zum Beispiel die Kupferspirale, das Hormonstäbchen oder die Dreimonatsspritze. Jedoch wird Frauen die Möglichkeit einer Sterilisation oft verwehrt oder erschwert. In Österreich ist diese Verhütungsmethode bis zum 25. Lebensjahr gänzlich verboten, danach laut Gesetz nur dann „nicht rechtswidrig“, wenn sie nicht gegen die „guten Sitten“ verstößt. Für Männer sind die einzig wirksamen Verhütungsmethoden Kondom oder Vasektomie. An Alternativen, wie zum Beispiel einer hormonellen Pille, wird seit Jahren geforscht. Für groß angelegte Studien, die für die Zulassung notwendig sind, sind die Gelder jedoch knapp – die Pharmaindustrie hat kaum Interesse. 

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