„Es ist niemals zufällig, dass ein Traum erinnert wird“, sagt Frau Magister Louisa Abramov. Die Psychotherapeutin und -analytikerin stellt für die Deutung von Träumen in Wien einen sicheren Platz zur Verfügung. So kann deren Erinnern – und Erzählen – bei ihr als Kommunikationsmittel, als Festhalten an Wunscherfüllungen oder als Versuch, sich selbst besser kennenzulernen, verstanden werden. „Vergessen wir Träume, so kann dies unterschiedliche Gründe haben. Von ‚Ich will es gar nicht wissen‘ bis hin zu ‚Ach wie gut, dass keiner weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß‘“, so Abramov.
Für die Expertin sind lange Träume nicht unbedingt wertvoller als kurze. Sie können entweder viele unterschiedliche Themen beinhalten, versuchen ein Thema aus unterschiedlichen Perspektiven zu bearbeiten oder, wie Abramov sagt, „uns an der Nase herumführen, damit wir ja nicht erkennen, worum es wirklich geht“. Denn das Thema mag verpönt, gar verboten sein.
„Die Traumarbeit zerteilt den ursprünglichen Traumgedanken in mehrere Stücke“, erklärt Abramov. In der Regel korrespondiert die Anzahl der Teilträume mit der Anzahl der Hauptthemen, der Gedankenreihen. Ein kurzer Vortraum steht also zum nachfolgenden Haupttraum oft in der Beziehung einer Einleitung. Er ist ein Nebensatz. „Dieser wird dann durch einen eingeschalteten Szenenwechsel ersetzt“, führt Abramov aus. Sigmund Freud sei demnach überzeugt gewesen, dass mehrfache Träume, beziehungsweise lange Träume, die Bemühung anzeigen, „einen Reiz von ansteigender Dringlichkeit immer besser zu bewältigen“.
Besserer Ausgang gesucht
„Die Traumtätigkeit hat aber mehrere Gründe“, sagt Abramov. Grundsätzlich sind sie, aus psychoanalytischer Sicht, immer ichbezogen. Freud hätte den Traum einerseits als „Wächter des Schlafes“ und andererseits als Möglichkeit zu einer Wunscherfüllung verstanden. In diesem Zusammenhang sprach er oft von „Bequemlichkeitsträumen“, in denen der Traum das Handeln im echten Leben ersetzt. Die Quelle hierfür kann eine äußere oder innere Sinneserregung sein, ein innerer – heißt organischer – Leibreiz oder eine psychische Reizquelle sein. „Auch können Träume in Verbindung mit Traumata stehen, welchen der Traum versucht, einen besseren Ausgang zu geben, also psychisch besser zu bewältigen“, führt Abramov aus.
Ein Alptraum deutet laut Abramov darauf hin, dass der Traum es entweder nicht geschafft hat, etwas Unverstandenes oder etwas Traumatisches zu bewältigen. Oder, die Angst soll den eigentlichen Wunsch hinter dem Traum verkleiden, weil man ihn als Tabu empfindet. „Im zweiten Fall können wir an Nacktheits-, Angst- oder Prüfungsträume denken“, gibt die Psychotherapeutin an.
Werden Träume adäquat gedeutet, können sie sehr wohl viel über das Unbewusste sagen. So sagt schon Freud, dass die Traumdeutung der Königsweg dorthin ist. Unbewusste Wünsche und Vorgänge bleiben nämlich immer rege. Abramov nennt ein Beispiel: „Denken wir an eine Kränkung aus der Kindheit. Die Lehrerin, die Mitschüler haben… Wird diese bewusst oder unbewusst ‘getriggert’ – um es mit modernen Worten auszudrücken –, so kann die Traumarbeit versuchen, diesen, wieder frisch aufgelebt, loszuwerden.“ Auslöser können ein Blick, eine Situation, selbst ein Geruch sein.
Beruhende Deutung
Doch das Ganze ist komplizierter, als manche annehmen mögen. Traumbilder sind sehr stark an den sprachlichen Ausdruck geknüpft. Und nicht übersetzbar. Das Hinzuziehen von „klassischen“ Symbolen, erfolgt in der Deutung nur dann, wenn Betroffene im Augenblick nichts zu bestimmten Worten assoziieren können. Aus unterschiedlichsten Gründen. Zum Beispiel: Die Wünsche, die im Traum erfüllt werden, dürfen nicht zugänglich sein, weil sie eben in die subjektive Kategorie „verpönt“ fallen. In solchen Fällen bedienen sich Psychotherapeutin wie Abramov der Kenntnis „beruhender Deutung“, sagt sie. Das ist als Ergänzung der Technik zu verstehen.
Noch komplexer wird Abramovs Arbeit, wenn Betroffene mehrsprachig aufgewachsen sind. Oder wenn verschiedene Sprachen zum Gebrauch gehören, zum Beispiel in Form von Anglizismen. „Da werden Worte und Sätze schon wesentlich mehrdeutiger“, sagt sie. Zudem kommen in Träumen manchmal auch Sprüche vor, die nicht bloß gedacht werden, sondern aus dem Wachleben stammen, aber aus dem Zusammenhang gerissen wurden. „Die Traumrede dient nicht selten als bloße Anspielung auf das Ereignis, bei dem die erinnerte Rede vorfiel“, führt Abramov aus. Ähnlich wie den Umgang mit der Sprache gilt es bei der Traumdeutung auch die kulturellen und soziographischen Hintergründe der Betroffenen zu bedenken. Gewisse Symbole haben schließlich unterschiedliche Bedeutungen, je nach System.
Es muss aber auch nicht jeder Traum gedeutet werden. „Vor allem, wenn die Psyche mit gewissen Erkenntnissen noch nicht umgehen kann“, sagt Abramov. Der Umgang mit der Traumdeutung liegt dann in der Verantwortung der Psychoanalytiker. Denn je tiefer man sich auf die Analyse der Träume einlässt, desto häufiger wird man auf Spuren von (Kindheits-)Erlebnissen geführt, die das Leben auch heute noch beeinflussen. Schließlich träumen Menschen am meisten von sich und den eigenen Erfahrungen. „Wo im Trauminhalt nicht mein Ich, sondern nur eine fremde Person vorkommt, da darf ich ruhig annehmen, dass mein Ich durch Identifizierung hinter jener Person versteckt ist. Ich darf mein Ich ergänzen“, schrieb Freud. Dies kann eine große Hilfe sein. So Abramov: „Lernen wir uns besser kennen, dann können wir so einiges auch besser steuern, anderes wird uns wiederum nicht mehr belasten“.