Einmal die Polarlichter sehen: Davon träumen viele. Die Chance, dass dieser Traum auch wirklich in Erfüllung geht, steigt mit erhöhter Sonnenaktivität. Polarlichter entstehen nämlich durch Sonnenstürme. Einem Forschungsteam des Center of Excellence in Space Science India ist es jetzt gelungen, genauere Vorhersagen zum nächsten Sonnenmaximum zu treffen: Voraussichtlich soll es zwischen Jänner und September 2024 eintreffen. Derzeit befinden wir uns bereits in der ersten Phase des Maximums, so der Astrophysiker Volker Bothmer im Gespräch mit dem [kursiv] Münchner Merkur [kursiv_Ende], und nähern wir uns damit dem Höhepunkt. Erst vor kurzem trat die stärkste Sonneneruption seit 2017 ein. Die erhöhte Sonnenaktivität kommt damit früher als erwartet.
Wie Polarlichter entstehen
Die Sonne besteht aus Plasma. Ein solcher Aggregatzustand ist durch die extrem hohen Temperaturen möglich. Dabei werden die Atome durch die Hitze zerlegt, das Resultat sind positiv geladene Ionen sowie negativ geladene Elektronen. Dann gibt es auf der Sonnenoberfläche dunkle Flecken, die stark magnetisch wirken. Der Magnetismus der sogenannten Sonnenflecken ist sogar 10-mal stärker als jener des Erdmagnetfeldes. Durch Eruptionen werden diese Magnetfelder gestört und Sonnenstürme entstehen. Strahlung wird freigesetzt und Plasma ins All geschleudert. Treffen die geladenen Teilchen auf das Magnetfeld der Erde, werden sie zu beiden Polen hingezogen. Die hochenergetischen Elektronen regen die Moleküle in der Erdatmosphäre an. Wenn die Moleküle wieder in den Grundzustand übergehen, wird Licht emittiert. Es entstehen Polarlichter. Sauerstoffatome ergeben grüne oder rote Farben, Stickstoffatome Blau-Grün oder Violett.
Bei erhöhter Sonnenaktivität nehmen die Sonnenflecken auf der Sonnenoberfläche und der Ausstoß von Plasma ins All zu – so wie momentan. Laut [kursiv] Tagesschau [kursiv_Ende] sei 2023 kein einziger Tag ohne Sonnenflecken vorgekommen. Das war zum letzten Mal 2013, also zehn Jahre vorher, der Fall gewesen. Zum Vergleich: Beim letzten Aktivitätsminimum gab es an drei Viertel der Tage im Jahr gar keine Sonnenflecken.
Elf Jahre dauert ein Sonnenzyklus in etwa, erklärt der Astrophysiker Bothmer. Während eines Zyklus schwankt die Sonnenaktivität stark zwischen Minimum und Maximum, und es kommt insgesamt zu bis zu 10.000 Sonnenstürmen. Die meisten davon sind für die Erde harmlos. Kommt es zu größeren Stürmen, können aber Risiken entstehen. Gefährdet sind dann beispielsweise Satelliten, der Flugverkehr und Navigationssysteme sowie das Internet, die Stromversorgung und biologische Systeme. Allerdings erreichen nur zirka 50 der 10.000 Sonnenstürme eine so hohe Geschwindigkeit, dass es zu negativen Auswirkungen kommen könnte. Und davon gehen längst nicht alle Richtung Erde. „Es kommen unheimlich viele Faktoren zusammen, die man für einen Supersturm braucht“, beruhigt der Experte. Am stärksten sind die Stürme erfahrungsgemäß im Frühling und im Herbst.
Nordlichter über Tirol
Normalerweise sind Polarlichter nur um den Polarkreis des Nordpols oder im Süden in der Antarktis zu sehen. Selbst die südlicheren Regionen von Norwegen und Schweden liegen außerhalb des Bereichs. Nimmt die Sonnenaktivität aber zu – wie momentan –, kann sich das ändern. Im Extremfall können Polarlichter sogar bis zum 20. Breitengrad reichen: 1959 waren sie über Hawaii und der Karibik sichtbar. Auch 2023 waren vereinzelt Nordlichter in Deutschland, aber auch in Tirol zu sehen. Nachdem die Sonnenaktivität 2024 ihr Maximum erreichen soll, stehen die Chancen außergewöhnlich gut.
So gelingt die Sichtung
Um nicht erst am Folgetag von den Nordlichtern über Tirol zu hören, hier ein paar Tipps. Zu den idealen Bedingungen für deine Nordlichter-Jagd gehört ein dunkler Himmel fern von Lichtverschmutzung und Wolken. Auch Vollmond trübt die Sicht. Eine Fahrt aufs Land oder der Blick vom Berg erhöhen die Chancen auf gute Sichtbedingungen. Dann sollte man logischerweise in Richtung Norden Ausschau halten – zumindest, wenn man sich auf der Nordhalbkugel befindet. Auf der Südhalbkugel kann man auf das Südlicht hoffen.
Ein weiterer Tipp ist das Installieren einer Nordlichter-App aufs Smartphone. Die App [kursiv] Meine Polarlicht-Vorhersage [kursiv_Ende] gibt aktuelle Prognosen angepasst an den Nutzerstandort. Der KP-Index zeigt die Wahrscheinlichkeit, zum momentanen Zeitpunkt Polarlichter zu sehen. Außerdem gibt es eine Karte, auf der die weltweite Aktivität angezeigt wird. Daten zu Wetterverhältnissen, Sonnengeschwindigkeit, Sonnenwind und Einschätzungen für die kommenden Tage erleichtern die Planung. Zudem gibt die App Benachrichtigungen, wie die Chancen gerade stehen.
Polarlichter sind auf der Kamera besser sichtbar als mit bloßem Auge. Meist reicht dafür schon die Handy-Kamera. Das liegt daran, dass unsere Augen mit der Lichtempfindlichkeit einer elektronischen Kamera nicht mithalten können. Wer Zweifel hegt, ob es sich tatsächlich um Polarlichter handelt, kann so einen Test versuchen. Oft sieht man das Nordlicht nämlich vorerst als grün- oder rötliche Wolke. Bei steigender Aktivität wird es stärker sichtbar und beginnt wortwörtlich am Himmel zu tanzen. Spätestens dann sollten alle Zweifel verflogen sein. Und als letzter Tipp: viel Geduld (!), warme Kleidung und Tee mitbringen.