Satzungsänderung, Safe Sex und sichere Partys – die 2. UV-Sitzung im Sommersemester 2022 ist gezeichnet von Schlagabtausch und viel Diskussionsbedarf. Der ÖH-Vorsitzende Daniel Müller (AG) eröffnet pünktlich um 10:00 Uhr die Sitzung der UV, die auch diesmal zusätzlich über Zoom übertragen wird. Nach Abklärung der üblichen Formalitäten, der Genehmigung der Tagesordnung und des Protokolls der letzten Sitzung gibt Müller einen kurzen Überblick über die letzten Wochen: Ein Treffen mit der IVB stellte sich als fruchtbar heraus. Ab 1. September wird es für alle Studierenden der Uni Innsbruck möglich sein, die IVB-Stadträder für eine halbe Stunde einer jeden Fahrt kostenlos zu nutzen. Kostenpunkt für die ÖH: knapp 23.000 Euro.
In einem Telefonat mit dem Büro für Öffentlichkeitsarbeit der Uni Innsbruck ging es um das Sonnendeck. Es werde viel gefeiert, aber leider würden sich manche dabei auch daneben verhalten, so Daniel Müller (AG). Es wurden unter anderem Steine in das Universitätsgebäude geworfen, Wasserhähne abgerissen sowie Glasscheiben gestohlen. Es gab bereits im ÖH-Newsletter diesbezüglich einen Aufruf zu mehr Rücksichtnahme. Trotzdem auch an dieser Stelle nochmals die Aufforderung der ÖH Innsbruck, der UNIpress sich anschließt: “Wir lieben das Sonnendeck genauso wie ihr und erleben auch das ein oder andere Mal die Leichtigkeit und Unbeschwertheit, die sich nach einigen Bier oder Spritzern breit macht. Wir möchten euch trotzdem in Erinnerung rufen, den Müll entsprechend fachgerecht zu entsorgen und die Uni nicht zu beschädigen oder zu verdrecken. In letzter Zeit häufen sich die Vorfälle und wir wollen sichergehen, dass das Sonnendeck auch weiterhin so schön genutzt werden kann”.
Weiter im Bericht: In einem Treffen mit dem Geschäftsführer der neu gegründeten Uni-Gastro GmbH Norbert Wild wurde über das Vorhaben der Uni Innsbruck gesprochen, künftig ihre Gastronomie selbst zu führen. Es gibt bereits einen Standort an der USI, ein weiterer Standort im Neubau am Innrain wird folgen. Daniel Müller (AG) stellte im Gespräch mit Norbert Wild vor allem die günstigen Preise sowie den Fokus auf Nachhaltigkeit, Regionalität und Qualität der Produkte in den Vordergrund. Die Wichtigkeit von vegetarischen und veganen Speisen war ebenfalls Bestandteil des Gesprächs.
Auch von einer Unterredung mit Bürgermeister Georg Willi wird berichtet. Thema: Fachkräftemangel in der Gastronomie. Über die Pandemie hinweg gab es einen starken Rückgang der Beschäftigung von Studierenden in der Gastronomie. Um diesem Trend entgegenzuwirken, soll es in Zukunft kostenlose Gastroschulungen für Studierende geben. Den Kostenaufwand übernimmt die Wirtschaftskammer Tirol. Tobias Köhle (VSStÖ) steht diesem Vorhaben in einer Wortmeldung kritisch gegenüber: “Kostenlose Gastroschulungen finden wir als VSStÖ doch etwas befremdlich. Da schicken wir Studierende ja bewusst in schlechte Arbeitsbedingungen.” Dem entgegnet Lukas Schobesberger (JUNOS), dass am Ende der Schulung ein Zertifikat ausgestellt werden soll, mit dem man die Verhandlungsposition der Studierenden vor dem/der Arbeitgeber:in stärken möchte.
Abschließend berichtet Daniel Müller (AG) noch von einem Gespräch mit Vizerektorin für Personal Anna Buchheim. Die ÖH sucht bei der Uni Innsbruck um eine finanzielle Spritze für den Psychotherapie-Zuschusstopf an. Eine finale Zusage steht noch aus.
Hitzige Diskussion in den Wortmeldungen
In den Wortmeldungen zum Bericht des Vorsitzenden der ÖH entbrennt auch die erste Debatte der heutigen Sitzung. Thema: UNIpress Printausgabe März. Wie bereits in der letzten UV-Sitzung am Ende angedeutet (UNIpress berichtete), wurde die Printausgabe vom März mit dem Thema Sex vom Vorsitzteam der ÖH Innsbruck zurückgezogen. In der heutigen Sitzung wirft der VSStÖ diese Thematik durch mehrere Wortmeldungen wieder zurück auf den Diskussionstisch.
Vor allem kritisch beäugt wird der Rückruf: Den Hauptgrund für das Zurückziehen der Ausgabe im nicht genügend vorhandenen studentischen Bezug zu suchen, sei, so der VSStÖ, an den Haaren herbeigezogen. Diesen Anschuldigungen entgegnet Daniel Müller (AG): “Grundlegend muss man verstehen, dass die UNIpress das Informationsmedium der ÖH Innsbruck ist. Die Pressefreiheit ist in unseren Augen ein hohes Gut. Nur die UNIpress als unser Medium unterliegt nicht der Pressefreiheit.” In einer weiteren Wortmeldung erkundigt sich Tobias Köhle (VSStÖ) über die Vorgänge, die infolge des Rückzugs der Ausgabe vonstatten gingen. Müller entgegnet, dass ein Treffen mit dem Leitungsteam der UNIpress stattfand, in welchem über die zurückgezogene Ausgabe sowie über die zukünftigen Schritte diskutiert wurde.
Zwei Rechtsgeschäfte und eine vereinfachte Gebarung
Neben dem einstimmig angenommenen Rechtsgeschäft zur Nutzung der Stadtfahrräder der IVB gibt es in der heutigen UV-Sitzung noch ein zweites zu besprechendes Rechtsgeschäft: Die Vorsitzende der Fachschaft SoWi, Lara Becker, bringt einen Antrag für die finanzielle Unterstützung der „SoWi Someruni” ein. Die Studierenden können über die vorlesungsfreie Zeit ausgewählte Proseminare, die sie während des Semesters nicht bestanden haben, nachholen. Der Antrag wird einstimmig angenommen.
Darauf folgend wird eine Änderung der Gebarung vom Referenten des Wirtschaftsreferats, Stefan Wachter, vorgestellt. Die “unübersichtliche, in die Jahre gekommene Gebarung” wurde komplett neu strukturiert und neu ausformuliert. Inhaltlich gebe es kaum Änderungen, so Wachter. Der Fokus lag vor allem auf der einfachen Zugänglichkeit, damit unter anderem Studierendenvertreter:innen einen besseren Einblick erlangen können. Auch dies wird von allen 19 Mandatar:innen angenommen.
Diskussionsbedarf bei der Satzungsänderung
Mit dem Tagespunkt 8, “Satzungsänderung”, beginnt ein zweites hitzig diskutiertes Thema der heutigen UV-Sitzung. Zum Verständnis: Das HSG (Hochschüler:innenschaftsgesetz) wurde im letzten Jahr geändert. Es gibt nun für Positionen innerhalb der ÖH keine Aufwandsentschädigung mehr, sondern Funktionsgebühren. Dieses Gesetz ist verpflichtend in der lokalen Satzung zu implementieren, die Bundesebene der ÖH hat hierzu auch bereits einen Entwurf ausgesandt. Diesen Entwurf möchte die Exekutive der ÖH Innsbruck in einem Punkt abändern: Am Inhalt selbst verändert sich nichts, es handelt sich nur um kleine Umformulierungen.
Vincent Gogala (VSStÖ) merkt in einer Wortmeldung an, dass die Opposition in diesem Prozess nicht einbezogen worden sei: “Ihr seid mit keinem Wort auf uns zugekommen. Wir haben es erfahren, weil es auf der Tagesordnung steht, weil es ausgesendet worden ist. Aber es ist nie auch nur irgendwie ansatzweise angesprochen worden, dass ihr die Satzung ändern wollt.” Lukas Schobesberger (JUNOS) entgegnet diesen Anschuldigungen mit einer Tatsachenberichtigung: “Das wir zur Satzungsänderung mit euch bisher kein Wort geredet haben, ist einfach schlichtweg falsch und das weißt du.” Auch in den darauffolgenden Wortmeldungen wird weiterhin stark über die Vorgehensweise diskutiert, die inhaltliche Komponente des Antrags wird dabei nicht beachtet. Lenz Luther (GRAS) versucht zu schlichten, zeigt beiden Seiten die Verständigungsprobleme auf: “Es wäre schön, im Prozess dabei zu sein. Das ist auch die Message, die wir hineinbringen wollen und über die hier schlussendlich so diskutiert wird.” Nach mehreren Unterbrechungen und fraktionsinternen Diskussionen wird der Hauptantrag sowie der Abänderungsantrag einstimmig angenommen.
Anträge im allgemeinen Interesse der Studierenden
Nach den einleitenden Tagespunkten kommt die Sitzung zu den Anträgen im allgemeinen Interesse der Studierenden: Der erste Antrag wurde bei der letzten Sitzung verschoben und bezieht sich auf die Anhebung der Aufwandsentschädigung für Posten bei der ÖH. Die Sachbearbeiterposition soll mit 200 statt 180 Euro, die Referentenstelle mit 300 statt 280 Euro und der Vorsitz mit 475 statt 450 Euro vergütet werden. Dieser Antrag wird ebenso einstimmig angenommen wie ein Antrag des VSStÖ, die UV-Sitzungen und den dazugehörigen Livestream zukünftig rechtzeitig anzukündigen. Auf Social Media und im ÖH-Newsletter soll auf die Sitzungen aufmerksam gemacht werden, bei denen alle Studierenden als Zuschauer dabei sein können.
Der VSStÖ bringt zudem den Antrag auf einen von der ÖH angebotenen „Queer Safe Sex Workshop“ ein. Den Bedarf für diesen Workshop sehen sie gegeben, da in der Schule der Sexualkundeunterricht oft auf heterosexuelle Perspektiven beschränkt werde. Im Rahmen des Workshops sollen queere sexualpädagogische Konzepte von Expert:innen an Studierende vermittelt werden. Die AG schlägt in ihrem Abänderungsantrag vor, das Wort „queer“ aus dem Titel des Workshops zu streichen, worauf die Antragsteller:innen entgegnen, dass es wichtig sei, queere Personen durch den Titel des Workshops direkt anzusprechen. Nach einigen Diskussionen einigt man sich auf die Formulierung, dass die ÖH einen Workshop zum Thema Safe Sex organisiert, der queere Personen anspricht. Die Veranstaltung soll auf Social Media beworben werden und alle Personen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung sind willkommen.
Der VSStÖ möchte mit dem nächsten Antrag mehr Transparenz bei der Evaluierung von Lehrveranstaltungen schaffen. Aktuell kann jede:r LV-Leiter:in selbst entscheiden, ob die eigenen Evaluierungsergebnisse veröffentlicht werden sollen. Dazu kommt, dass Studierendenvertreter:innen bei Beschwerden von Studierenden Schwierigkeiten haben, Einsicht in die Ergebnisse zu bekommen. Da alle Stimmberechtigen dem Antrag des VSStÖ geschlossen zustimmen, will sich die ÖH zukünftig dafür einsetzen, dass die Evaluierungsergebnisse von verpflichtenden Erhebungen auf LFU:online veröffentlicht werden. Auch dem Vorschlag des VSStÖ, an einer Lösung der fehlenden Barrierefreiheit der Seminarräume im 11. Stock des GeiWi Turms mitzuarbeiten, wird angenommen. Tobias Köhle (VSStÖ) bringt den Antrag ein, dass es auf LFU:online und OpenOlat für alle möglich sein sollte, die Pronomen anzugeben, mit denen man angesprochen werden möchte. Diese Information soll dann für die Leiter:innen und Teilnehmer:innen einer Lehrveranstaltung sichtbar sein, um Missverständnisse zu vermeiden. Der Antrag, dass die ÖH die Umsetzung dieser Idee voranbringen soll, wird einstimmig angenommen.
Sichere Partys für Studierende
Grenzüberschreitungen, risikoreicher Drogenkonsum, sexuelle Diskriminierung und Gewalt: Diese Erlebnisse sind laut den GRAS leider gang und gäbe, wenn Studierende ausgehen. Daher wird beantragt, dass beginnend mit der nächsten ÖH-Party mit über 50 Teilnehmer:innen ein Konzept gegen sexuelle Gewalt und Drogenkonsum entwickelt wird. Die GRAS stehen bereits im Kontakt mit Expert:innen, die Erfahrung mit der Umsetzung solcher Projekte haben. Bewährt haben sich sogenannte Awareness-Beauftragte, die bei der Party nüchtern bleiben und als Ansprechperson zur Verfügung stehen. Sie halten die Augen offen nach Verdachtsfällen auf K.O.-Tropfen, bieten kompetente Unterstützung bei Notfällen und haben in der Regel auch die Befugnis, Gäste der Party zu verweisen. Die GRAS betonen dabei, dass es nicht um eine pauschale Verurteilung von Grenzüberschreitungen geht, sondern vielmehr um Prävention und Information. Die JUNOS und AG möchten in ihrem Abänderungsantrag die Grenze bei 1000 Teilnehmer:innen ziehen und eine lebhafte Diskussion beginnt. Dabei kristallisiert sich heraus, dass die Thematik durch den Antrag „nicht abgeschlossen, sondern aufgemacht wird“, wie Lenz Luther (GRAS) es treffend formuliert. Will heißen: Es gibt noch viel zu tun. Schließlich stimmen alle zu, dass bis spätestens Oktober 2022 in Zusammenarbeit mit dem Feminismus & Queer Ausschuss ein konkretes Konzept erarbeitet werden soll.
Im Anschluss berichtet Daniel Müller (AG) von dem enormen Ansturm auf den Fördertopf für Psychotherapie und klinisch-psychologische Behandlungen. Nach der rückläufigen Nachfrage im Herbst 2021 wurde ein Angebot entwickelt, das die Finanzierung von fünf Einheiten mit je maximal 50 Euro sicherstellt. Dieses Angebot wurde auf zehn Einheiten erweitert und daraufhin wurden so viele Anträge gestellt, dass das Sozialreferat mit der Bearbeitung kaum hinterherkam. Mit dem Antrag der JUNOS und AG soll der Fördertopf jetzt um rund 62.000 Euro überschritten werden, damit der Bedarf gedeckt werden kann. Die Summe kann mit Rücklagen gedeckt werden, zum Beispiel aus Überschüssen aus dem Corona-Unterstützungsfonds.
Nachdem letzte Formalitäten abgearbeitet sind, lobt Luther (GRAS) die gute Zusammenarbeit und die positive Energie in der Sitzung. Daniel Müller (AG) schließt sich dem an und erklärt die 2. ordentliche Sitzung der Universitätsvertretung im Sommersemester 2022 für geschlossen.