Ganz nobel ist es heutzutage unter Studierenden, die sich zumindest gelegentlich an der Geiwi aufhalten, sich statt dem üblichen großen Braunen oder Vanillechino ein Heißgetränk beim UbiChat zu gönnen; gelegentlich sogar mit Hafermilch. Speisen haben sie auch gute anzubieten, diverse belegte Brote und jeden Tag andere Warmgerichte im Angebot. Doch anders als bei den etlichen Automaten, die geradezu in Reih und Glied die Gänge säumen und mechanisch, in funktionellen Schritten den Doppelmokka zusammenmixen, steckt hinter der Zubereitung der zu kaufenden Produkte im UbiChat (vielleicht bis auf den Kaugummi, den Mars und den Redbull) menschliche Bedienung. Dabei sei vor allem die Gewissenhaftigkeit vorangestellt. Denn bezüglich jener haben manche Kaffee- und Snackmaschinchen unsere (nur aufs Mindeste gerichteten) Erwartungen wohl teils schon auf Bitterste enttäuscht; je nach Schwere der eigenen Geldbörse hat der geschluckte Euro mal mehr, mal weniger wehgetan. Doch man soll sich’s doch gutgehen lassen im Leben: Also ab in die „Mensa“ für diejenigen, die noch nie je in eine solche einen Schritt getan haben. Für alle anderen geht es ab ins UbiChat.
Einen Cappuccino mit Hafermilch bitte!
Und das auch nur, wenn dafür Zeit ist. Denn gefragt ist er ja, der Cappuccino mit Hafermilch; die Schlange von ungeduldigen, tagträumenden oder in Gespräche vertieften Menschen zieht sich teils so lang und dicht bis quer über den Gang, sodass mir hierfür „atmende Feuerschutzmauer“ gut als beschreibende Metapher dient ( – sich langsam starr in eine Richtung bewegend und undurchdringbar, wobei ich hier Credits an den Probe-Feuerwehreinsatz in der Geiwi geben muss, dem ich schmunzelnd beiwohnen durfte und der diesen spontanen gedanklichen Vergleich initiiert hat).
Ist man dann jedoch mal bis ganz vorne an die Theke gelangt, so begegnet man dahinter meist einem freundlich lieben Blick und man wird sogleich gefragt, was man denn bekomme.
Dabei ist einem das Gesicht zu jenem gefälligen Blick möglicherweise bereits schier vertraut – sofern dies nicht der erste Besuch im UbiChat ist- , denn das Geiwi-Mensen-Kollegium bleibt im Grunde immer gleich. Auch wenn sich die Belegschaft manchmal um einen weiteren Mitarbeiter oder eine weitere Mitarbeiterin erweitern oder reduzieren mag; das Kernteam bleibt immer bestehen. Dieses ist wohl auch sehr gefragt, deshalb findet man es derzeitig – während gegenwärtigen Umbaus des üblichen Standorts – auch in der wirklich wortwörtlichen Mensa im CCB in gewohnter „führender“ und andere Gehilfen dirigierender Stellung.
Als ich meinen Verlängerten bestelle und erlebe, wie – wahrscheinlich – ein Neuling in dieser Branche die Kaffeemaschine auf eine spezielle Weise zu bedienen versucht und gleich eine kurze, spontane Einschulung bekommt, denke ich mir, dass ich in solch einem Umfeld sicherlich auch gern in die Lehre gehen würde. Wolle man ein Wort ausmachen wollen, welches im Sprachgebrauch des UbiChat Kernteams am häufigsten vorkomme, so wäre es – nicht zu verkennen – „Bitte“ und „Danke“. Sie sind nicht nur ihren Lehrlingen gegenüber äußerst zuvorkommend und offen für Fragen, sondern vor allem natürlich gegenüber ihrer Kundschaft. Als eine jener bin ich oft sehr dankbar, wenn auch noch Verständnis für meine Entscheidungsschwäche dargebracht wird, die meine Entschlussfassung, welches belegte Brot mich denn am stärksten anlacht, mindestens aufs dreifache der Entscheidungszeit eines Durchschnittsstudis hinauszögert. Immer liebevoll und gewissenhaft wird es mir überreicht und das „Danke“ fällt nicht weniger enthusiastisch aus als sonst.
Außerdem bin ich ein großer Fan von Selbstverwirklichung und jene bereits länger dort Beschäftigten scheinen mir eine recht originelle Note, eine besonders ausgefeilte Persönlichkeit zu haben, was sich unter anderem an ihren sehr einmaligen und teils skurrilen Witzen zeigt.
Des Weiteren scheint ein besonders charismatischer Herr des Kernteams einen besonders ausgefeilten und trainierten Adlerblick zu haben. Mit schnellem Schritt sehe ich ihn – nun im CCB – durch das Café schreiten, wobei er einen schnellen und inspizierenden Blick in Richtung der einzelnen Salate, aus dem Augenwinkel zu den Muffins wirft und wahrscheinlich noch am Boden auszumachende Staubkörner zählt.
Sitzend auf meinem Lieblingshochtisch am Fenster schaue ich von dem letzten Kaffeeschlücklein hoch, der sich noch in der Tasse befindet. Denn ich höre es in der Küche (wortgetreu) klirren und scheppern. Es signalisiert mir, dass sie bald schließen. Wortwörtlich zugemacht werden jedoch nur die Türen; Studis bleiben draußen, drinnen geht es heiß her: Das Geschirr wird gewaschen, die Tische werden geputzt, die Theke gereinigt und die Kaffeemaschine für den nächsten Tag poliert.
In der Ruhe…
Ich denke, es ist Zeit für mich zu gehen, dennoch trinke ich meinen letzten Schluck genüsslich und in innerer Ruhe. Gelernt habe ich vom UbiChat-Team nämlich wieder eines: Das, was man tut, voll zu machen, auf Multitasking vorzüglich verzichten. Auch wenn die Warteschlange an hungrigen Studis nicht kürzer, gar immer länger zu werden scheint, so lässt sich der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin an der Kassa den inneren Frieden nicht nehmen – die Freundlichkeit bleibt.
… liegt die Kraft.
Der Spruch, der auf der schwarzen Wandtafel vorm UbiChat mit Kreide geschrieben steht, scheint ihnen wohl bereits in Blut und Seele übergegangen sein:
„get in when you fit in
go on and shine
clear your mind
now’s the time: put your salt on the shelf, go on and love yourself, cause everything’s gonna be alright“.