Darfs bisserl mehr sein? – Wenn ein Studium nicht genügt

von Tobias Jakober
Lesezeit: 5 min
Es gibt sie wirklich: Menschen die nicht nur ein Studium, sondern mehrere gleichzeitig absolvieren. Doch wie sieht die Situation an der Universität Innsbruck aus und was verspricht man sich von einem Mehrfachstudium?

Zahlen und Fakten

Sich nicht bloß für einen, sondern zwei oder mehrere Studiengänge gleichzeitig einzuschreiben ist an den österreichischen Hochschulen, im Gegensatz zu denen vieler anderer Länder, ganz einfach. Ist man erst einmal an seiner Universität immatrikuliert, steht einem nichts mehr im Wege, sich bei egal wie vielen Studien zu inskribieren. Auch an der Universität Innsbruck nutzen nicht wenige Studierende diese Möglichkeit. Angaben des ZIDs (Zentraler Informatikdienst) zufolge, belegten im Sommersemester 2020 von den ungefähr 25.000 Studierenden der LFU insgesamt knapp 4.000 (16%) zwei oder mehr Studien zur gleichen Zeit.

Damit liegt die Uni Innsbruck auch ungefähr im österreichischen Durchschnitt, der laut des Zusatzberichts der Studierenden-Sozialerhebung 2019 bei zirka 14 % liegt. Besonders häufig sind Mehrfachbelegungen in den Geisteswissenschaften (28%), bei Lehramtsstudierenden (26%) und in den Wirtschaftswissenschaften (24%), am seltensten kommen sie in den Ingenieurswissenschaften (9%),  bei Medizin (9%) und Pharmazie (2%) vor. Die großzügige Freiheit in Hinblick auf Mehrfachinskriptionen, die einem hierzulande (noch) zugestanden wird, kann jedoch mitunter auch zu gewissen Absurditäten führen. So gab es im vergangenen Sommersemester eine Person, die bei ganzen siebenunddreißig Studiengängen eingeschrieben war (an dieser Stelle Gratulation zu diesem grenzenlosen Interesse und einer solch sagenhaften Motivation).

Gilt indessen das Kriterium, dass zumindest eine Prüfungsleistung in jedem der belegten Studiengänge erbracht werden muss, so reduziert sich die maximale Anzahl an parallelen Studien auf acht, die Zahl der Doppel-/Mehrfachbeleger an der Uni Innsbruck insgesamt auf etwas über zweieinhalb Tausend (ca. 11%).

Freilich bedeutet eine einzige Prüfungsleistung pro Studium noch nicht, dass man diesem auch ernsthaft nachgeht, daher ist die tatsächliche Zahl derer, die letzten Endes auch mehrere Abschlüsse machen, wohl noch deutlich niedriger. Österreichweit haben in den vergangenen Jahren acht Prozent der Absolvierenden von Bachelor- oder Diplomstudien einen weiteren Abschluss (Bachelor oder Diplom) gemacht.

Dem toleranten Entgegenkommen bezüglich der Mehrfachinskriptionen könnte jedoch ein baldiges Ende beschieden sein. Medienberichten zufolge sieht Wissenschaftsminister Heinz Faßmann für eine kommende Studienrechtsreform auch eine Einschränkung der Zahl der Inskriptionen vor.

Der Weg zum Mehrfachstudium

Zweifellos stellt ein Doppel- oder Mehrfachstudium eine zusätzliche Belastung für Studierende dar. Wir haben uns mit Mehrfach-Studierenden über ihre Erfahrungen unterhalten. Richtige Planung und gute Organisation sind – noch dringender als bei einer einfachen Studienbelegung – vonnöten, um gut zurecht zu kommen. Grundsätzlich machen es einem Lehrveranstaltungen ohne prüfungsimmanenten Charakter (Vorlesungen) einfacher, die Stundenpläne von mehreren Studienrichtungen zu vereinen. Je mehr Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht man zu besuchen hat, desto schwieriger wird die Aufgabe. Oft ist es notwendig, den empfohlenen Studienverlauf völlig über den Haufen zu werfen und umzustrukturieren.

Viele Mehrfachstudierende machen sich bei verwandten Studienfächern die Möglichkeit zu Nutze, sich Prüfungsleistungen vom jeweils anderen Studium anerkennen zu lassen. Zudem können natürlich auch die als freie Wahlfächer vorgesehenen ECTS-Credits gegenseitig angerechnet werden. Dennoch sind in jedem Semester 50, 60 oder sogar noch mehr ECTS-Punkte zu sammeln, wenn man mit seinen Studien auch in einer überschaubaren Zeit fertig werden möchte. Es ist nicht zu vergessen, dass bei einem vollgefüllten Studienplan natürlich auch irgendwann die Zeit der Prüfungen und Abgaben anbricht und sich die Belastung dadurch noch verstärken kann.

Was also bewegt die Leute dazu, sich mehreren Studien gleichzeitig zu widmen? Selbstredend ist eine Voraussetzung, dass man für jedes seiner Fächer ein großes Interesse hegt und sich intensiver damit auseinandersetzen möchte. Oft beginnt man mit einem Studium und entdeckt durch interdisziplinäre Inhalte auch die Leidenschaft für weitere Fächer. Neben Interesse motiviert auch die Perspektive auf verbesserte Jobaussichten zu einem Mehrfachstudium. Manche studieren beispielsweise ein wirkliches „Herzensfach“ gemeinsam mit einem anderen Fach, mit dem es dann leichter ist, eine Anstellung zu finden.

Ein Doppel- bzw. Mehrfachstudium birgt jedoch noch weitere Pluspunkte. Viele Studierende geben an, durch die vielseitigen Perspektiven, die sie durch ihre verschiedenen Studien einnehmen können, persönlich bereichert worden zu sein. Unterschiedliche Blickwinkel erlauben es ihnen Zusammenhänge zu erkennen und ein besseres Verständnis für das „große Ganze“ zu erlangen. Diese Interdisziplinarität bietet also sowohl für die Studierenden selbst einen Mehrwert, als auch für ihre späteren Berufsaussichten.

Alternativen zum Mehrfachstudium

Wer diesen so oft erwähnten Blick über den Tellerrand erhaschen möchte, muss sich aber nicht zwingend gleich für mehrere Studiengänge einschreiben. Durch die Belegung der freien Wahlfächer, die in größerem oder kleinerem Umfang in den meisten Curricula vorgesehen sind, sollen einem ebendiese interdisziplinären, außerfachlichen Kompetenzen geboten werden. Diese Wahlfächer sind entweder aus dem interdisziplinären Angebot der Universität oder dem Curriculum eines anderen Studienganges nach Herzenslust zu wählen. Bei Studienfächern mit einer größeren Anzahl von freien Wahlfächern muss jedoch in der Regel ein individueller Schwerpunkt gewählt werden, dem dann einige der freien Lehrveranstaltungen zuzuordnen sind.

Welche anderen Varianten gibt es noch, während seines Studiums die Grenzen seiner Disziplin zumindest teilweise hinter sich zu lassen?

Anders als in Österreich, ist es an deutschen Hochschulen nicht ganz so einfach, ein Doppel- oder Mehrfachstudium zu absolvieren. Je nach Bundesland gilt es, für eine Berechtigung mehr oder weniger große Hürden zu überwinden. Allerdings gibt es andere Varianten, um in mehr als nur einem Fach einen Abschluss zu erhalten. Der sogenannte Zwei-Fach-Bachelor (oder Zwei-Fach-Master) ermöglicht es, ein einzelnes Studium in zwei unterschiedlichen Fachbereichen zu belegen. Entweder werden ein Haupt- und ein Nebenfach gewählt oder zwei gleichwertige Fächer.

Auch an der Universität Wien gibt es eine weitere Alternative zum Doppelstudium. Die dortigen Bachelorstudien beinhalten keine freien Wahlfächer, wie man das von der Uni Innsbruck kennt, sondern man muss zwischen bestimmten Erweiterungscurricula (EC) wählen. Dies sind Modulgruppen mit einem Umfang von bis zu 30 ECTS-Punkten, die jeweils einem Fach bzw. Themenkomplex zuordenbar sind (z.B. EC Internationales Recht, EC Römische Geschichte…).

Ein ähnliches Konzept besteht auch an der Universität Innsbruck. Diese sogenannten Wahlpakete oder Ergänzungen waren bis vor kurzem aber lediglich Studierenden im Master zugänglich. Mit diesem Wintersemester werden jedoch auch für Bachelorstudien mehrere sogenannte minor Wahlpakete eingeführt.

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