Rückenwind für Elektromobilität

von Hannah Stadler
Lesezeit: 5 min
Seit 1. Juli dieses Jahres wurden die Fördersätze bei der Anschaffung von E-Fahrzeugen in Österreich fast verdoppelt. Lohnt sich der Umstieg von der Zapfsäule zur Steckdose?

Der E-Mobilitätsboom in der Automobilbranche stellt sich schleppender ein an als geplant. Etliche Automarken haben bereits E-Modelle herausgebracht, dennoch zögern viele, den Schritt vom Diesel- oder Benzinfahrzeug weg zu wagen. Die hohen Anschaffungskosten, die kurze Reichweite der Akkus, die debattierte tatsächliche Umweltfreundlichkeit und fehlende Infrastruktur sind Teil des Problems. An Letzterem wird nun hart gearbeitet.

Ausbau der Infrastruktur

63. Das ist die aktuelle Zahl der Ladepunkte für Elektroautos in Innsbruck – Tendenz steigend. Die größte E-Ladestation in Innsbruck findet sich in der Salurnerstraße. Als wir sie besuchten, schienen fast alle Autos zumindest für den Moment ausgeflogen zu sein. Nicht nur die öffentlichen Anbieter bauen das Netz an Ladestationen aus, auch Private erhöhen die Frequenz der Stromzapfsäulen in Tirol. Ende 2019 waren rund 230 Ladestationen für E-Autos im Land in Betrieb, für dieses Jahr sind 50 weitere geplant. Somit ist das Netz im Vergleich zu den rund 3.000 herkömmlichen Tankstellen in Tirol noch dünn. Wer sich in größeren Städten bewegt hat gute Chancen, eine Ladestation für sein Elektroauto zu finden. Auch in Tourismusregionen wird der Ausbau von E-Tankstellen vorangetrieben. Beim Bau einer öffentlich zugänglichen Schnellladestation erhält man bis zu 15.000 Euro Förderung pro Ladestation. Auch Private erhalten beim Bau einer Heimladestation eine kleine finanzielle Unterstützung. Laut dem ÖAMTC gibt es bereits über 5.000 Ladepunkte in ganz Österreich.

„Rail and Drive“ setzt auf Strom

„Rail and Drive“ ist der Name des neuen Konzepts der Österreichischen Bundesbahnen. Bei diesem kann man an mittlerweile 33 Bahnhöfen in Österreich von der ÖBB ein Auto mieten. Es soll eine flexible Kombination aus Reisen mit Bahn und Auto darstellen. An insgesamt 14 der Standorte stehen nun auch Elektrofahrzeuge zur Vermietung bereit. Mittlerweile besteht die E-Flotte der ÖBB aus mehr als 30 Fahrzeugen. In Tirol kann man bis dato nur in Innsbruck ein E-Gefährt mieten. An 16 „Rail and Drive“ Stationen steht eine E-Ladeinfrastruktur zur Verfügung. Neben der ÖBB setzen auch Autoverleihe zunehmend auf den Verleih von Elektrofahrzeugen.

Erhöhte Fördersätze

© ÖAMTC

Seit 1. Juli 2020 wurden die Fördersätze für E-Gefährte in Österreich erhöht. „Als Impuls zur ökologischen und wirtschaftlichen Belebung der österreichischen Wirtschaft zur Bewältigung der Corona-Krise“, heißt es im Statement zur Erhöhung der Fördersätze auf der Internetseite der Regierung. Für einen E-PKW mit reinem Elektroantrieb und Brennstoffzellen können 5.000 Euro statt den bisherigen 3.000 Euro pro Fahrzeug erhalten werden. Für Plug-In Hybrid und Range Extender erhalten Private beim Erwerb insgesamt 2.500 statt 1.500 Euro. Auch für E-Mopeds, E-Motorräder und Elektrotransporträder wurden die Förderungen erhöht. Zusätzlich ist noch mit steuerlichen Vergünstigungen zu rechnen.
Einen kleinen Aspekt stellen auch Anreize abseits finanzieller Förderung dar: E-Auto Lenker dürfen auf der Autobahn in Tirol mit 130 km/h unterwegs sein, während für alle anderen eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h gilt. In manchen Städten sind sie von Parkgebühren befreit. Bis Ende 2018 beispielsweise konnte man als Besitzer eines elektrisch betriebenen Autos in Innsbruck noch gratis parken.

Billiger mit Strom?

Der VCÖ stellte in einer Studie die Kosten pro Kilometer von elektronisch betriebenen Autos und mittels fossilen Brennstoff betriebenen Fahrzeugen gegenüber. Dabei kam heraus, dass die Fahrt mit E-Autos um fast 50 Prozent billiger ist. Im Vergleich zum herkömmlichen diesel- oder benzinbetriebenen Fahrzeug sind die Anschaffungskosten für Elektroautos noch recht hoch. Vergleicht man die laufenden Kosten, fallen diese langfristig gesehen jedoch um einiges geringer aus. Neben den weniger hohen Kosten für Treibstoff, errechnete der ADHC in Deutschland auch um etwa ein Drittel geringere Wartungskosten bei Elektroautos. Gründe dafür sind das Wegfallen der verschleißanfälligen Bauteilen wie Kupplung, Getriebe und Auspuff, sowie das Entfallen der Kosten für einen Ölwechsel.

Die Mikroebene des E-Gefährts

© Samir Steurer

Während E-Scooter in anderen Städten schon länger zu einem beliebten Fortbewegungsmittel zählen, ist der Verleih von E-Scootern in Innsbruck noch relativ jung. Seit Mai 2019 prägen sie zunehmend das Stadtbild. Der E-Scooter Verleih boomt gerade in südlicheren Städten. Dort gibt es milde Winter und weniger Regen, was der Verwendung der Roller in die Hände spielt. Bis jetzt hat nur ein Anbieter den Weg in die Stadt gefunden. Den größten Aufschwung des durch einen E-Motor gestützten Fahrzeugs erhielt hierzulande unumstritten das E-Bike. Dabei dient das Elektrofahrrad hauptsächlich als Freizeit- und Sportmöglichkeit. In manchen Fällen ersetzt es sogar das Auto und wird bevorzugt, um dem Verkehr in der Innenstadt zu entkommen. Wie verstärkt beobachtet werden kann, setzen Lieferdienste wie „Lieferando“ oder „mjam“ immer mehr auf die Zustellung durch Elektrofahrräder, Scooter oder Elektromopeds.

Wie ökologisch sind sie wirklich?

Dennoch bleibt der Diskurs um die Umweltfreundlichkeit elektrisch betriebener Fortbewegungsmittel aufgeheizt. Betrachtet man beispielsweise die Nutzung der E-Scooter, so ersetzen diese hauptsächlich kleinere Strecken, die in einem anderen Fall mit dem Bus oder zu Fuß zurückgelegt worden wären. Ein großer Kritikpunkt zur ökologischen Nutzung der elektronischen Gefährte ist die Umweltbelastung durch die Produktion der Batterien. Ein weiterer Faktor von dem die tatsächliche Nachhaltigkeit der Autos abhängig ist, ist die Nutzungsdauer, sowie die Frage, wie ökologisch der Strom produziert wurde. Im Gespräch mit einem E-Auto Besitzer verrät er uns, dass er seine Entscheidung für die Anschaffung dessen aus Umweltschutzgründen getroffen hat. Hätte er nicht genügend finanzielle Mittel, würde er es sich anders überlegen. Die Hitze der Debatte um die unterschiedliche rechtliche Positionierung der E-Fahrzeuge und der mit fossilen Brennstoff betriebenen Autos bekommt er selbst manchmal zu spüren. Manche wollen es beispielsweise nicht akzeptieren, dass Elektroautos in Tirol auf der Autobahn nicht der 100 km/h Beschränkung des IG-L 100 (Immissionsschutzgesetz Luft) unterworfen sind. „Auf der Autobahn kann es schon passieren, dass mir einer auffährt, die Lichthupe betätigt, oder mich nicht überholen lassen will“. Doch wie bei so vielen Dingen im Leben, „darf man sich davon einfach nicht provozieren lassen.“

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