Seit 1975 ist ein Schwangerschaftsabbruch bis zum dritten Schwangerschaftsmonats nicht strafbar – zwar illegal, aber zumindest straffrei. Die zwölfte Woche. 84 Tage. Bis dahin muss die Schwangerschaft festgestellt werden, ein ärztliches Gutachten erstellt, die Kostenübernahme beantragt und der Fötus beseitigt sein. Ansonsten heißt es: Herzlichen Glückwunsch, Sie sind Mutter. Alternativ gibt es eine Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen für den Preis eines freien Körpers.
Erlaubt – nein, straffrei – ist ein Schwangerschaftsabbruch danach dann, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt: Erstens, es besteht eine ernste Gefahr für die seelische oder körperliche Gesundheit oder das Leben der Schwangeren. Man notiere hierbei die Betonung einer ernsten Gefahr. Eine Depression, andere psychische Erkrankungen oder sonstige mentale, physische oder qualitative Beeinträchtigungen des eigenen Lebens durch das Freigeben des Körpers als Brutstätte, geschweige denn die lebenslangen Konsequenzen nach der Geburt, spielen weder für die Mutter noch für das – potentielle – Kind eine Rolle.
Zweitens, es ist eine schwere geistige oder körperliche Behinderung des Kindes zu erwarten. Hier notiere man erneut die Betonung einer schweren geistigen oder körperlichen Behinderung. Festgelegt von wem? Wie das weitere Leben des – potentiellen – Kindes durch eine Adoption, das Leben in einem Waisenhaus oder das Leben bei einer überforderten Mutter, die finanziell, psychisch oder psychosozial nicht für die Elternschaft bereit war, ausfällt, ist hierbei scheinbar vollkommen egal.
Drittens, die Frau – wobei man in dieser Argumentation nicht von einer Frau, sondern von einem Kind sprechen müsste – ist zum Zeitpunkt der Schwangerschaft jünger als 14 Jahre alt. Festgehalten werden muss, dass es sich beim beschriebenen Szenario um eine Vergewaltigung handelt. Vor Vollendung des 14. Lebensjahres ist Einverständnis zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr laut Gesetz nicht möglich. Was andere Arten der Vergewaltigung betrifft, bleibt eine Strafe dennoch nicht aus – und zwar für die schwangere Frau, nicht etwa für den Vergewaltiger.
Dass Österreichs Gesetzeslage an vielerlei Stellen Verbesserungsbedarf hat, ist wohl den meisten bewusst. Dass die Gesetzeslage bei Frauenrechten jedoch noch dermaßen weit in der Vergangenheit steckt, dürfte dennoch für viele Menschen erschreckend sein. Eine Lösung wäre, das Leben der schwangeren Person zu priorisieren – und zwar nicht nur, wenn es um Leben und Tod geht. Abtreibungen sollten bis zu einem medizinisch vertretbaren Monat kostenfrei, leicht zugänglich und psychologisch sowie physiologisch betreut sein. Wenn eine Abtreibung aus medizinischen Gründen nicht mehr ohne die Gefährdung der Schwangeren möglich ist oder eine Abtreibung für die schwangere Person nicht in Frage kommt, sollten Alternativoptionen wie Adoption, Sozialdienste und Kinderbetreuung mit der Schwangeren besprochen und durchgeplant werden, sodass auf der betrofffenen Person möglichst wenig Stigma und psychosozialer Stress lastet. Der Stichtag des dritten Monats ist aus vielerlei Gründen unrealistisch, vor allem, wenn dies nicht nur der Stichtag der Entscheidung, sondern auch der Stichtag für die rechtliche und medizinische Abklärung der Prozedur ist. Diese ist nämlich in vielen Fällen nicht möglich und sollte daher überdacht werden.
Abtreibung ist kein Mord, eine erzwungene Mutterschaft jedoch ein Verbrechen. Der weibliche Körper ist keine Brutstätte, sondern ein schützenswertes Leben.