Gefangen im Mikrokosmos Internat

von Simon Riegler
Schlagwörter: Lesezeit: 3 min
Emil Kaschka zeigt in seinem Roman „Grünholz“ sehr eindrucksvoll die brutale Härte eines konservativ geprägten Internats voller pubertierender, mobbender Jugendlicher und unausgesprochener Tatsachen.

In der Poetry-Slam Szene ist Emil Kaschka schon seit einigen Jahren ein großer Name am Firmament. Nun wagt er sich an den Roman und schreibt in „Grünholz“ über die Welt junger Menschen, über konservative Dynamiken, über Freundschaft und die erste Liebe. Im titelgebenden Internat begleiten wir Jonas und Oskar. Zwei Jugendliche, die in diesem Mikrokosmos schönen und schrecklichen Seiten begegnen und zwischen erstem Liebeskummer und unterdrückenden Dynamiken zu überleben versuchen.

Der Mikrokosmos Grünholz

„Sie drückten unsere Köpfe nach unten und fütterten uns mit grauem Schnee von der Zufahrt.“ So modern einem die Gesellschaft heute auch erscheinen mag, gibt es immer noch konservativ geprägte Denkweisen, die Gruppendynamiken gefährlich beeinflussen können. Kaschka zeigt solche Dynamiken gekonnt und einfühlsam auf. Er führt uns heran an den Mikrokosmos Internat mit all seinen schönen und auch schrecklichen Seiten. Und er zeigt, wie veraltete Denkmuster noch immer ein Teil unserer Gesellschaft sind. Sie fressen sich durch jeden hindurch und verletzten am Ende die bereits Verletzlichen der Gruppe. Eine Hülle von Scham und Angst umgibt die einzelnen Schüler des Internats und vereitelt wichtiges Eingreifen in eskalierende Situationen. Auch die vermeintliche Hauptfigur sieht sich in dieser unausgesprochenen Dynamik gefangen und kann ihr nur sehr schwer entfliehen. Ganz dem Motto „der Stärkere gewinnt“ werden bestehende Strukturen kaum in Frage gestellt und nur sehr selten angegriffen – mit schweren Folgen für den jeweiligen Rebellen.

Dieser im Roman aufgebaute Zustand ist auch heute noch aktuell und spiegelt die Dynamik in den Schulen im Alpenraum wider. Emil Kaschka selbst erzählte UNIpress im Interview: „Es ist einiges an eigenen Erlebnissen und Erfahrungen [in den Roman] eingeflossen. Zudem hat mein Bruder eine Landwirtschaftsschule besucht und dabei sehr viele heftige und inspirierende Geschichten mit nach Hause gebracht.“

Das Ende des Romans ist erschreckend und doch vorhersehbar zugleich. Viele Seiten vorher erahnt man den kommenden Knall und fühlt sich schlussendlich trotzdem überraschend hart getroffen von den Entscheidungen der einzelnen Akteure. Emil Kaschka verpackt diese in der Gesellschaft tabuisierte Thematik gekonnt und bietet den Lesenden genügend Platz zum eigenen Denken. Dennoch steht am Ende der Wunsch für eine bessere Kommentierung der Geschehnisse, eine größer ausfallende Einordnung des Vorgefallenen im Raum.

Der literarische Anspruch

Emil Kaschka zeigte bereits in den vergangenen Jahren auf den Bühnen des Landes seinen gekonnten Umgang mit dem gesprochenen Wort. Nun wechselt er zum Roman und nimmt seine sprachlichen Fähigkeiten mit auf das geschriebene Blatt. Er untermischt gewandt lyrische und dramatische Elemente mit dem Text. Hervorzuheben sind dabei besonders die lyrischen Einspieler, in welchen er gekonnt auf die kommenden Kapitel vorausschaut, ohne dabei zu viel von der Handlung vorwegzunehmen. Spielend führt Kaschka die Zielgruppe des Romans an unterschiedliche literarische Gattungen heran und zeigt, wie lebendig sie sein können.

 

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