Das Bücherregal
Der gelbe Sessel ist mit Zeitschriften übersät, dafür sieht man den Fußboden: Ein altes Parkett. Am (gefühlten) Tag 1273 der Quarantäne macht sich Leo Lausmaus auf die Suche nach neuen Abenteuern in den eigenen vier Wänden. Ideen dafür gibt es von drei unterschiedlichen Experten.
Willi Wollmaus hat Erfahrung mit der Situation des in-der-Wohnung-sitzens und hat sich bereit erklärt, sein Wissen zu teilen. Der über 50-Jährige (so genau weiß das niemand) hat sein ganzes Leben am selben Ort verbracht. Das fände er aber nicht weiter schlimm. Er grinst, wenn er das sagt. Dass seine Expertise einmal erwünscht wäre, das hätte er sich nie erträumen mögen. Auf seiner Führung begegnet dann aber doch auch Neues: Das Bücherregal erscheint auf den ersten Blick wie ein herkömmliches, von dem bekannten Möbelriesen, zu dem jeder rennt. Ist es auch. Die Dekoration ist ebenso nicht spektakulär: Eine etwas vertrocknete Zierpflanze reiht sich neben ein paar Bildern ein. Eine interessante Sache gibt es hier aber sehr wohl: Bücher. Willi Wollmaus bemerkt zu Recht, dass Elias Canetti (gebraucht gekauft) und Gary Shteyngart (signiert!) noch nicht gelesen worden sind. Dies, liebe Leser, kommt schon mal auf die Shortlist der Erkenntnisse des Tages. Wollmaus meint tatsächlich, dass das altmodische Bücherlesen ein praktikabler Zeitvertreib sei.
Historische Parallelen
Einen etwas anderen Blickwinkel gewinnt man durch Xavier de Maistre. Der Autor hat im 18. Jahrhundert (so genau ist das ja nicht) den Roman (Germanisten verzeihen mir die schlampige Bezeichnung) „Die Reise um mein Zimmer“ veröffentlicht und ist unserer Situation meilenweit voraus. Nach einem Duell wurde er zu einem 42 Tage dauernden Hausarrest verurteilt. Offenbar aus Langeweile erklärte er sein Heim zur Welt und begann, es zu erforschen. So verzweifelt scheint die heutige Situation zwar noch nicht zu sein, trotzdem kann man ja vorsorglich seine Meinung einholen. Da der alte Herr mit Skype nicht zurechtkam, hat er um ein briefliches Interview gebeten. Eine Parallele zur heutigen Zeit sieht er aber sehr wohl: Nicht anders als damals, ist es auch heute modern, möglichst weit zu reisen und seine Eindrücke zu teilen. Eine Diskussion über die modernen Medien kam leider nicht zustande. Influencer bezeichnete er als schlimme Sache.
Subjektive Meinungen zu Jogginghosen
Kater Murr konnte leider keine verwertbaren neuen Erkenntnisse zu der Situation beitragen, ist aber eitel genug, dies zu glauben. Der etwa acht Jahre alte, aber durchaus noch ansehnliche Zimmergenosse, trägt am Tag des Gesprächs einen gelben Pullover und grüne Shorts. Zu kalt sei ihm damit nicht, das Fell wärme schließlich auch, aber Mode müsse auch in der Zeit des Hausarrests sein. Dass er sich an die Ausgangsbeschränkungen hält, ist ungewöhnlich, er mache dies aber aus Solidarität, wie er erklärt. Den gelangweilten StudentInnen rät er, auch mal die Vogue zu lesen, man könne schließlich nicht immer nur Statistik oder so ein unnötiges Zeugs lernen. Wer Jogginghosen trage, habe übrigens tatsächlich die Kontrolle über sein Leben verloren, meint Murr bei einem Blick über den Rand seiner Sonnenbrille hinaus.
Der Kater verlässt dann noch tatsächlich seinen sonnigen Liegeplatz und zeigt seine Geheimtipps. Lässig stolziert er in die Küche. Die in weiß gehaltenen Schränke stellen im hereinflutenden Licht ihre Kratzer zur Schau und am Boden liegen Brösel. In der Ecke steht eine Yogamatte, die bisher hauptsächlich als Staubfänger gedient hat. Murr stellt sich cool vor den Herd: Kochen wäre, wie er findet, der perfekte Zeitvertreib. Vor allem Fisch oder ein schönes Steak. Vegetarier solle es auch geben, er kenne aber keine. Wie lange die Situation noch andauern könnte, dazu kann Murr nichts sagen, er betont aber, dass sich sein Leben nicht viel geändert habe.
Wo man Quarantänebeschäftigungsberatung finden kann
Wie man die Zeit in den eigenen vier Wänden verbringt, bleibt schlussendlich jedem selbst überlassen. Wer sich Inspiration von de Maistre holen möchte, tut dies am besten über den Podcast des Bayrischen Rundfunks. Alle anderen schauen einfach mal unters Bett, vielleicht schlummert da ja bereits die Quarantänebeschäftigungsberatung.