So war das IFFI 2024

von Jeremy Roose
Lesezeit: 5 min
Vergangene Woche gab es wieder ein Highlight für alle Innsbrucker Kinoliebhaber:innen: Das Internationale Filmfestival Innsbruck, kurz IFFI, feierte sechs Tage lang im Leokino und Cinematograph den Film.

Das IFFI findet seit 1992 in Innsbruck statt. Seinem Namen – Internationales Filmfestival – wird es gerecht, schließlich werden Filme aus der ganzen Welt gezeigt. Der Fokus des IFFI liegt vor allem auf Filmen aus dem asiatischen Raum, Afrika, Lateinamerika sowie Osteuropa. Ziel des Festivals war es immer schon, Filmemacher:innen aus diesen Teilen der Erde eine Bühne bieten zu können, schließlich erfahren diese Regionen seit jeher in der globalen Kinolandschaft weder gebührend Beachtung noch Betrachtung.

Ein Raum für neue Perspektiven: ENTER THE CONTACT ZONE

Dieses Jahr lud das IFFI mit dem Motto ENTER THE CONTACT ZONE zum Eintauchen in die Vielfalt des Kinos ein. ENTER THE CONTACT ZONE versteht das Filmfestival als einen Raum der Begegnung und des kreativen Austauschs, in dem Filmschaffende und Publikum in Kontakt treten und gemeinsam neue Perspektiven erschließen. Filme werden nicht nur als bloße Unterhaltung verstanden, sondern als Möglichkeit, einen Einblick in die unterschiedlichsten Lebenswelten und Kulturen zu gewinnen. Diese Vielfalt spiegelte sich im Programm wider. Mit 65 Filmen aus unterschiedlichsten Ländern, angesiedelt in verschiedenste Genres, war für jede:n Besucher:in etwas dabei.

ENTER THE CONTACT ZONE war zugleich auch der Leitgedanke hinter der diesjährigen Retrospektive. In dieser widmete sich das IFFI dem Tashkent-Filmfestival, als dessen geistiger Nachfolger es sich versteht. Das Tashkent-Filmfestival zeigte als erstes internationales Festival zwischen 1968 und 1988 explizit Filme aus Afrika, Asien und Lateinamerika und bot damit einen Gegenentwurf zur von Hollywood und Europa dominierten Kinolandschaft. Auch wenn das Festival – mit seinem Sitz in der damaligen usbekischen Sowjetrepublik – zeitweise stark ideologisch aufgeladene bis teilweise propagandistische Filme zeigte, bot es dennoch stets einen Raum für Filmemacher:innen aus den vernachlässigten Regionen, um sich interkulturell auszutauschen, zu diskutieren und Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen. Das Programm der Retrospektive widmete sich daher dem Tashkent-Filmfestival in einigen Filmen. Gezeigt wurden Filme, die in Tashkent spielen oder damals auch dort aufgeführt wurden. Aber auch neuere, die im Geiste des Tashkent-Festivals stehen.

Ein breites Angebot: Vielfältige Programmpunkte

Abseits der gezeigten Filme bot das Festival zahlreiche spannende Programmpunkte, welche einen Austausch – ENTER THE CONTACT ZONE – zwischen Filmschaffenden, anderen Vertreter:innen der Branche und Besucher:innen ermöglichte. So konnte man an Buchpräsentationen, Diskussionsrunden oder Q&As mit den Filmschaffenden teilnehmen. Beispielsweise gab es bei einigen Filmvorführungen die Möglichkeit, Fragen an den:die Regisseur:in zu stellen. Dadurch erhielt man noch einen tieferen Einblick in die Entstehungsgeschichte des Films oder die Motivation des:der Regieführenden. Den Anekdoten dieser zu lauschen, machte dem Publikum sichtlich Spaß. Am Festivalgelände luden die Bar und das Café zum Diskutieren über das Gesehene ein. Mit etwas Glück kam man ins Gespräch mit der ein oder anderen filmschaffenden Person. Am Samstagabend gab es neben der Preisverleihung, in der einige Festival-Filme in diversen Kategorien ausgezeichnet wurden, noch eine After-Party mit Live-DJ. Gemeinsam konnte man die Festivalwoche ausklingen lassen und zur Musik tanzen.

Foto: Alena Klinger

Filmtipps: 78 Days und If Only I Could Hibernate

Zudem soll noch kurz auf zwei persönliche Favoriten hingewiesen werden, denn auch dieses Jahr gab es wieder einige Filmperlen zu entdecken. Der Film 78 Days zeigt das Leben einer serbischen Familie während des Bosnienkrieges. Die drei Schwestern beginnen ihren Alltag in Form eines digitalen Tagebuchs mit ihrem Camcorder festzuhalten. Viel mehr zum Film soll hier auch nicht gesagt werden, denn dieser entfaltet seine volle Schlagkraft, indem man als Zuschauer:in so wenig wie möglich weiß. Erst den Film genießen, dann googlen, ist die Devise. 78 Days konnte überzeugen, immerhin gewann dieser den diesjährigen IFFI-Spielfilm-Wettbewerb.

Mit ihrem Spielfilmdebüt If Only I Could Hibernate feiert Regisseurin und Drehbuchautorin Zoljargal Purevdash ihr Debüt. Das Drama, das in der mongolischen Hauptstadt Ulaanbaatar spielt – genauer im armen Jurtenviertel, wo die Filmemacherin aufwuchs – ist ein Herzensprojekt für Purevdash. Der Film beleuchtet langanhaltende Probleme wie die extreme Armut in den Jurtenvierteln und die gravierende Luftverschmutzung der Stadt. Anhand seiner Hauptfigur betont dieser die entscheidende Rolle von Bildung als Möglichkeit, der Armut zu entkommen. Die besondere Filmmusik zusammen mit einer abwechslungsreichen Kameraarbeit runden den Film ab und bieten einen besonderen Einblick in die gegenwärtige mongolische Gesellschaft. Besonders den Jüngeren schien dieser Film zu gefallen: Der Film gewann den diesjährigen Jugendjury-Wettbewerb.

Foto: IFFI

Film 78 Days

Das IFFI 2024 hat erneut bewiesen, dass es ein bedeutendes Event für Filmliebhaber:innen und die Filmszene insgesamt ist. Es bietet nicht nur eine Plattform für Filme aus unterrepräsentierten Regionen, sondern fördert auch den interkulturellen Austausch. Mit einem abwechslungsreichen Programm sowie zahlreichen Gelegenheiten zum Diskutieren und zur Vernetzung bleibt das IFFI ein unverzichtbarer Termin im Kalender eines jeden Filmfans.

Zum Schluss noch ein Tipp des Autors: Im Rahmen einer jährlich stattfindenden Lehrveranstaltung an der Universität Innsbruck mit dem Titel „VU Der Film als künstlerisches und gesellschaftliches Medium 1: Internationales Filmfestival Innsbruck“ kann man als Student:in selbst ins IFFI schnuppern. Im Kurs lernt man vieles über den Festival-Betrieb und tauscht sich allgemein über das Medium Film aus. Man ist Teil des IFFI-Teams und hilft für einen Tag selbst am Festival mit. Nebenbei gibt es den Festivalpass geschenkt und 5 ECTS aufs Uni-Konto. Was will man mehr? Ideal als interdisziplinäres Wahlfach.

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