In der Ausnahmesituation der letzten Wochen wurde wohl jeder zum Zahlenfreak. Dank Social Distancing blieb ja auch genügend Zeit, die Entwicklung der Pandemie zu verfolgen. Zu Beginn der Krise wirkten die veröffentlichten Zahlen zu COVID-19 noch sehr chaotisch. Während das Land Tirol auch die genesenen und aktuell infizierten Personen auflistet, fand man zu Beginn der Krise auf der Seite des Gesundheitsministeriums nur die absoluten Infektionszahlen. Auch in der medialen Berichterstattung sind dadurch widersprüchliche Fallzahlen veröffentlicht worden. Beispiele, bei welchen Statistiken frisiert werden, gibt es viele.
Zahlentrickserei am Arbeitsmarkt
Ein klassisches Beispiel sind die regelmäßigen Berichte über die Beschäftigungsrate eines Staates. So hört man seit Jahren vom großen Jobwunder unserer deutschen Nachbarn. Die Wirtschaft brumme und es herrsche nahezu Vollbeschäftigung. Im März 2020 lag die Arbeitslosenquote in Deutschland, laut der Agentur für Arbeit, bei 5,1 Prozent. Damit waren im Jahresdurchschnitt 2020 (Stand Ende März) 2,39 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Dass diese paradiesischen Zustände zum Teil nur herbeigerechnet sind, erwähnt man jedoch nicht. Um sich ein realitätsnahes Bild machen zu können, muss man sich erst damit beschäftigen, wer in Deutschland als arbeitslos gilt. Laut dem deutschen Sozialgesetzbuch (SGB III), gelten nur jene Menschen als arbeitslos, die weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten und sich bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet haben. Damit fällt jede Person weg, die auf eigene Faust nach einem Job sucht, wie es oft bei Absolventen der Fall ist. Auch bestimmte Detailvorschriften führen dazu, dass viele „nur“ ehrenamtlich tätige Menschen nicht als arbeitslos gelten. Weitere Zehntausende fallen weg, da sie sogenannte Ein-Euro-Jobs ausüben. Das sind Beschäftigungen, die von der Agentur für Arbeit koordiniert werden, um schwer vermittelbare Menschen wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Die ein bis zwei Euro, die man pro Stunde erhält, zahlt jedoch nicht der Arbeitgeber, sondern der Staat. Von einem normalen Arbeitsverhältnis kann also nicht die Rede sein. Wer seine Pflichten bei der Jobsuche, laut Arbeitsagentur, nicht erfüllt, wird ebenfalls aus der Statistik gestrichen. Die Vollbeschäftigung in Deutschland ist daher mehr Schein als Sein.
Trump und Alternative Facts
Der streitbare Präsident der USA, Donald Trump, ist wohl eines der bekanntesten Gesichter, wenn es darum geht, Statistiken vorteilhaft zu interpretieren. Sein Einstieg in die Weltpolitik ließ gar den Begriff Alternative Facts populär werden, welcher die Darstellung von Falschaussagen als Fakten beschreibt. So rühmt sich Trump regelmäßig damit, dass unter ihm die US-Wirtschaft so stark und stabil sei, wie noch nie. Auf den ersten Blick mag das überzeugend wirken, ist doch die Arbeitslosenrate mit 3,5 Prozent (Februar 2020) niedriger, als sie es unter Barack Obama war. Doch Trump profitierte bis jetzt davon, dass die Nachwehen der Finanzkrise 2008 überstanden sind. Einer der wichtigsten Indikatoren für Wirtschaftswachstum, das Bruttoinlandsprodukt (BIP), spricht sogar klar gegen Trumps Aussage. Unter ihm betrug das BIP kontinuierlich zwischen zwei bis drei Prozent, während man zwischen 1997 und 2000 ein BIP von über vier Prozent maß. Von der stärksten US-Wirtschaft aller Zeiten ist man unter Präsident Trump also weit entfernt.