Warum wir Atomkraftwerke (nicht) benötigen

von Manuel Tonezzer
Lesezeit: 4 min
Der Einsatz von Atomkraftwerken zur Energiegewinnung polarisiert. Denn während einige in diesem die Lösung in der Eindämmung des Klimawandels sehen, sind sie für andere doch nicht mehr als eine tickende Zeitbombe.

Wird über die Möglichkeiten zur Energiegewinnung diskutiert, so fällt immer wieder der Begriff des Kernkraftwerks. Die Atomkraft als Möglichkeit zur Energiegewinnung sorgte in der Vergangenheit zwar immer wieder für Kontroversen – in Österreich wurde, wie allgemein bekannt, im Jahr 1978 gar eine Volksabstimmung über die Inbetriebnahme eines solchen Kraftwerks durchgeführt. Die Kernkraft soll der Meinung zahlreicher Expert:innen zufolge allerdings eine der Lösungen sein, sich von der Nutzung fossiler Brennstoffe zu entfernen, und eine klimafreundlichere Alternative darstellen.

Abkehr von fossilen Brennstoffen

Um den Klimawandel einzudämmen, bedarf es einer erheblichen Reduktion der CO2-Emissionen, an deren Ende eine Minimierung des Ausstoßes von Netto-Treibhausgasen auf die Zahl Null steht. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 wurden weltweit mehr als 37 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen, wovon die Mehrheit aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe stammte – also einer Energiequelle, die nicht erneuerbar ist. Um diese starke Abhängigkeit zukünftig zu schmälern, benötigt es nun Alternativen, um den Energiebedarf weiterhin – allerdings auf klimaschonendere Weisen – zu deckeln. Neben erneuerbaren Energien, zu welchen beispielsweise Wasserkraft, Windenergie und Geothermie zählen, wird deswegen immer wieder auf die Option der Kernkraftwerke verwiesen.

Energie gewinnen diese durch einen Prozess der kontrollierten Kernspaltung. Größere Kernkraftwerke, wie sie in den meisten Ländern vorzufinden sind, bestehen meist aus mehreren Blöcken, die voneinander unabhängig elektrischen Strom erzeugen. Mit der Alternative der Kernkraftwerke zur breiteren Energiegewinnung ist auch eine breitere Elektrifizierung verschiedener Sektoren notwendig, damit diese anschließend von dem gewonnenen Atomstrom profitieren könnten. Hier sind unter anderem Elektromotoren oder Elektroboiler zu nennen, die zwar schon existieren, denen aktuell jedoch noch vermehrt die durch fossile Brennstoffe betriebene Alternative vorgezogen werden.

Klimaschonende Produktion und konstanter Energielieferant

Gelingt dieser Umstieg, so gilt die Atomkraft, neben der Wasser- und Windenergie, als vielversprechendstes Mittel. Dafür spricht vor allem die klimaschonende Produktion der Energie, da Strom bereits mit niedrigem Treibhausgasausstoß gewonnen werden kann. Gelungen ist dieser Wandel bereits in Frankreich, wo lediglich zehn Prozent des Stroms aus fossilen Brennstoffen stammen und der Rest aus Atomenergie (67 Prozent) sowie aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Dadurch zeigt sich, dass Atomenergie als Quelle auch im großen Rahmen als konstanter und zuverlässiger Energielieferant funktionieren kann. Dazu kommt der bereits erwähnte, sich quasi auf den Faktor Null belaufende Beitrag an Treibhausgasausstoßen in der Energieproduktion, der das Potential hat, fossile Brennstoffe zukünftig obsolet zu machen. Dazu sind Kernkraftwerke im Betrieb, verglichen mit anderen Energielieferanten, relativ günstig und durch technischen Fortschritt stetigen Optimierungen sowie Weiterentwicklungen unterlegen.

Katastrophen als Mahnmal

Doch so positiv einige Aspekte von Kernkraftwerken sein mögen, so sehr bringen diese auch eine Vielzahl an Negativpunkten mit. Dabei sticht zweifelsohne die von ihnen ausgehende Gefahr hervor, die in der jüngeren Vergangenheit bereits des Öfteren unter Beweis gestellt wurde. Zu erwähnen sind hier nicht nur die Katastrophen in Tschernobyl und Fukushima, sondern auch die aktuell brenzlige Lage im Ukraine-Krieg, in dessen Konfliktfeld auch immer wieder die dortigen Atomkraftwerke geraten. Die Gefahr geht somit nicht nur von menschlichen Fehlern, sondern auch von unvorhersehbaren Naturkatastrophen, Kriegen und terroristischen Akten sowie technischen Komplikationen aus, die durch die teils veralteten Reaktoren sowie die Schwierigkeit deren Reparatur stets gegeben sind. Dazu kommt, dass eventuelle Unfälle nicht nur Auswirkungen für die nähere Umgebung haben, sondern auch in einem weitaus größeren Radius, und die betroffene Region zudem langfristig heftiger Strahlung ausgesetzt ist. So ist das Gebiet um Tschernobyl aufgrund der dortigen Strahlenexposition als Sperrzone auch 37 Jahre nach der Katastrophe nicht bewohnbar. Wann in der Region sicheres Leben wieder möglich ist, ist unklar.

Atommüll birgt Risiken

Zudem ist der Energiebetrieb eines solchen Kraftwerks zwar selbst klimaneutral, der Abbau des dafür nötigen Urans ist es jedoch nicht. Die Brennstoffaufbereitung sowie die Ungewissheit ob der Entsorgung der abgenutzten Brennstäbe tragen ebenfalls ihren Teil zum Umweltrisiko bei. Das bereits erwähnte Uran ist dazu begrenzt, wodurch die Kapazität beschränkt ist und Atomkraftwerke selbst ein Ablaufdatum haben. Zu erwähnen ist selbstverständlich auch der zu entsorgende Atommüll, also radioaktiver Abfall, der zwar kurzfristig in Abklingbecken oder Zwischenlagern aufbewahrt werden kann, langfristig aber ein isoliertes Endlager benötigt, damit durch die Strahlung keine Gefahr für Menschen und Umwelt besteht. Technologie und Ansätze für das Recycling des Atommülls sind wohl schon gegeben, bedürfen allerdings noch der Entwicklung und Optimierung, um eine tatsächlich relevante Option zu werden. Der selbstständige Abbau der im Atommüll befindlichen Produkte, darunter beispielsweise Plutonium-239, ist darüber hinaus keine Option – dieses verfällt nämlich erst nach in etwa 24.000 Jahren zu schwach-radioaktivem Uran, welches mit einer Halbwertszeit von über 700 Millionen Jahren über einen langen Zeitraum weiter strahlt.

Atomkraftwerke per Gesetz verboten

Dazu dauert der Bau eines Kernkraftwerks mitsamt der Planungsphase  in der Regel zwischen zehn und 15 Jahren. Eine lange Zeit, die uns in der Bekämpfung des Klimawandels womöglich nicht mehr bleibt. Der Zwentendorf-Abstimmung folgend existiert in Österreich zudem seit 1978 das Atomsperrgesetz, das den Bau sowie die Inbetriebnahme von Kernkraftwerken im ganzen Land verbietet – und etwaige Gedankenspiele damit recht nichtig macht.



 

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